Von der Gesetzeslage her, ist der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs an keine weiteren Voraussetzungen gebunden, sondern knüpft an die Tätigkeit des Handelsvertreters und an die erfolgte Abrechnung eines bestimmten Zeitraumes durch den Unternehmer an.

 

In der prozessualen Praxis werden durch den Unternehmer trotzdem – mit mal mehr, mal weniger großen Erfolgsaussichten – Einwendungen gegen den für den Unternehmer oftmals lästigen Anspruch auf Buchauszug geltend gemacht.

 

Diese Einwendungen werden nachfolgend beleuchtet:

 

PROVISIONSANSPRÜCHE STEHEN NICHT ZWEIFELSFREI FEST  – DAHER KEIN ANSPRUCH AUF BUCHAUSZUG

 

Gemäß § 87c Abs. 2 HGB kann der Handelsvertreter „einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 Provision gebührt“. Das OLG München hat mit Endurteil v. 17.04.2019 – 7 U 2711/18 klargestellt, dass die Erteilung des Buchauszugs „keine Vorwegnahme der Entscheidung darüber enthalten darf, ob das in ihm aufgenommene Geschäft auch provisionspflichtig ist oder nicht (…). Nur die zweifelsfrei nicht provisionspflichtigen Geschäfte können daher bei der Erteilung des Buchauszugs unberücksichtigt bleiben, so vgl. BGH, Urteil vom 23.02.1989, Az. I ZR 203/87, Rdnr. 14, OLG Nürnberg, Beschluss vom 28.01.2011, Az. 12 U 744/10, Rdnr. 28, Senatsurteil vom 11.04.2018, Az. 7 U 1972/17, Rdnr. 37, vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 17.12.2009, Az. 18 U 126/07, Rdnr. 116 aE).

 

TREUWIDRIGES VERHALTEN DES HANDELSVERTRETERS

 

Wenig erfolgsversprechend ist auch der Einwand des Unternehmers, der Handelsvertreter handele treuwidrig oder rechtsmissbräuchlich, wenn er von seinem gesetzlichen Anspruch auf Buchauszug Gebrauch macht. Wie das OLG München entschieden hat (Urteil vom 01. März 2017, Az. 7 U 3437/16) handelt der Handelsvertreter selbst dann nicht treuwidrig oder rechtsmissbräuchlich, wenn er die Provisionsabrechnungen des Unternehmers ggf. über Jahre hinweg nie beanstandet hat. Allein in dem Umstand, dass der Handelsvertreter über mehrere Jahre hinweg die Abrechnungen des Unternehmers widerspruchslos hingenommen hat, ist weder ein stillschweigend erklärtes Einverständnis mit den Abrechnungen noch ein Verzicht auf weitere Provisionen zu erblicken. Auch der Umstand, dass die Erteilung eines Buchauszugs – ggf. Jahre später – möglicherweise mit einem erheblichen Aufwand für den Unternehmer verbunden ist, führt nicht zu seiner Unzumutbarkeit. Die Gerichte sehen es vielmehr als Sache des Unternehmers an, sich von vornherein und damit rechtzeitig auf ein Buchauszugsverlangen einzustellen.

 

ÜBERMITTLUNG DES BUCHAUSZUGS UND DATENSCHUTZGRUNDVERORDNUNG

 

Das OLG München ( Urteil vom 31.07.2019 – 7 U 4012/17) hatte sich mit der Frage der Übermittlung des Buchauszugs und der Datenschutz-Grundverordung zu beschäftigen: Hiernach ist die Übermittlung eines Buchauszugs im Sinne des § 87c Abs. 2 HGB durch den Haupthandelsvertreter an einen Unterhandelsvertreter eine Verarbeitung im Sinne des Art. 4 Nr.2 DSGVO und muss deshalb die Voraussetzungen eines der Erlaubnistatbestände des Art.6 DSGVO erfüllen .

 

Die Parteien stritten über die Erteilung eines Buchauszugs. Die Beklagte hielt dem Buchauszugsanspruch des Klägers entgegen, die DSGVO verbiete eine Buchauszugserteilung ohne die Darlegung der Erforderlichkeit der Mitteilung jedes einzelnen Datums durch den Kläger.

 

Das Oberlandesgericht München kommt in seinem Urteil vom 30.07.2019 im Ergebnis dazu, dass die Erteilung des Buchauszugs durch den Erlaubnistatbestand des Art. 6 Absatz 1 Satz 1 lit. f DSGVO gedeckt ist, der die Übermittlung unter anderem dann gestattet, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht dagegen stehenden Interessen oder Grundrechte der betroffenen Person überwiegen. Bei der Buchauszugerteilung steht ausschließlich das Vergütungsinteresse des Versicherungsvertreters inmitten. Dabei handelt es sich – so das OLG München – um ein berechtigtes Interesse eines Dritten im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO, da es aus einer von der Rechtsordnung erlaubten unternehmerischen Tätigkeit des Vertreters folgt und die unternehmerische Freiheit, die notwendigerweise das Recht zur Gewinnerzielung umfasst, ausdrücklich durch Art. 16 EUGRCh anerkannt und geschützt ist. Die Erteilung des Buchauszugs nach § 87c Abs. 2 HGB ist zur Verwirklichung des Provisionsanspruchs des Handelsvertreters und damit zur Realisierung dessen Vergütungsanspruches auch erforderlich, da erst durch die Erteilung des Buchauszugs der Vertreter in die Lage versetzt wird zu überprüfen, ob die vom Prinzipal erteilten Abrechnungen richtig und vollständig sind oder ihm noch ein darüber hinaus gehender Provisionsanspruch nach § 87a HGB zusteht.

 

Das OLG München geht weiter davon aus, dass bei der Ermittlung eines Buchauszugs nach § 87c Abs. 2 HGB das Vergütungsinteresse des Vertreters ein gegenläufiges Interesse des Kunden des Prinzipals im Rahmen der Interessenabwägung überwiegt, auch wenn die mit dem Buchauszug dem Vertreter vom Prinzipal übermittelten Daten der betroffenen Personen höchst sensibel sein können. Jedoch dient der Buchauszug der Verfolgung des Provisionsanspruchs des Vertreters aus § 87a Abs. 1 HGB, dessen Realisierung ohne Buchauszug zumindest erheblich erschwert, wenn nicht gar verunmöglicht würde, sodass der Vertreter als Dritter ein sehr hohes, wenn nicht sogar wirtschaftlich existenzielles Interesse an der Datenübermittlung hat.

 

Fazit: Der Erteilung des Buchauszugs kann damit nicht mit Erfolg der Datenschutz gemäß der DSGVO entgegengehalten werden.

 

VERJÄHRUNG DES ANSPRUCHS AUF BUCHAUSZUG

 

In einem aufsehenerregenden Urteil hat der BGH nunmehr allerdings dem Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs in zeitlicher Hinsicht einen engen Rahmen gesetzt (BGH, Urteil vom 03. August 2017, Az. XII ZR 32/17). Nachdem gerade die erstinstanzlichen Gerichte in der Praxis zuvor mehrheitlich davon ausgegangen sind, dass der Anspruch auf Buchauszug als unselbstständiger Neben- bzw. Hilfsanspruch zum Provisionsanspruch nicht unabhängig von dem verjährt, hat der BGH nunmehr klargestellt, dass der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs selbstständig verjährt und der regelmäßigen Verjährungsfrist des §§ 195, 199 BGB unterliegt.

 

Damit beginnt die 3-jährige Verjährungsfrist für den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs – anders als bisher mehrheitlich angenommen – mit dem Schluss des Jahres, in dem der Unternehmer dem Handelsvertreter für das betreffende Jahr eine abschließende Abrechnung über die ihm zustehenden Provisionen erteilt hat. Denn mit ihr entsteht, so der BGH, der Anspruch auf Buchauszugserteilung.

 

Die besondere Konsequenz der Entscheidung ist die, dass die Verjährung des Anspruchs auf Buchauszug auch die Provisionsansprüche umfasst, die in den Abrechnungen des Unternehmers überhaupt nicht enthalten waren. Auch für sie kann also kein Buchauszug mehr verlangt werden.

 

In der Konsequenz bedeutet das folgendes:

 

Der Handelsvertreter hat einen eigentlich unverjährten Provisionsanspruch gegen den Unternehmer von dem er lange Zeit keine Kenntnis hat oder von dem er noch gar nichts weiß, weil der Unternehmer den Anspruch in seinen bisherigen Abrechnungen übergangen hat. Gerade die Unkenntnis über das Bestehen des Anspruches führt zu der langen (Maximal)-Verjährungsfrist des Provisionsanspruchs von 10 Jahren.

 

Um den nicht verjährten Provisionsanspruch geltend zu machen bzw. überhaupt erst von dessen Bestehen zu erfahren, ist der Handelsvertreter i.d.R. auf einen entsprechenden – ggf. eidesstattlich unterlegten – Buchauszug des Unternehmers angewiesen. Der Anspruch kann in vielen Fällen allerdings bereits verjährt sein, da nach der aktuellen BGH Entscheidung die Verjährung des Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs bereits mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem die Abrechnung des konkreten Zeitraumes – wenn auch unzutreffend – erfolgt ist. Der Handelsvertreter kann damit im Regelfall die notwendigen Informationen nicht mehr zusammentragen, um den eigentlich bestehenden Provisionsanspruch noch mit Erfolgsaussicht durchsetzen zu können.

 

In der prozessualen Praxis wird das Urteil daher zu einer verstärkten und frühzeitigeren Geltendmachung des Anspruchs auf Buchauszug führen müssen.

 

Fazit

 

Der Buchauszug ist ein wichtiges Instrument des Handelsvertreters. Die jüngsten Gerichtsentscheidungen zwingen den Handelsvertreter dazu, sich frühzeitiger – also nicht nur im Streitfall – und sorgfältiger mit dem Rechtsinstitut zu beschäftigen.

 

Bei der Durchsetzung Ihrer Rechte helfen wir Ihnen gerne weiter!