Organstellung und Anstellungsverhältnis sind zwei Rechtsverhältnisse, die ein unterschiedliches Schicksal haben können. Gleichwohl hat die Beendigung der Organstellung regelmäßig auch Auswirkungen auf Bestand, Status und den Inhalt des Anstellungsvertrags, die im Folgenden erläutert werden sollen.

 

  1. Fortbestand des Dienstvertrags

Das Amt des Geschäftsführers kann insbesondere durch Zeitablauf, Abberufung, Amtsniederlegung, Verlust der Bestellungsvoraussetzungen oder Vereinbarung enden. Über das weitere Schicksal des Anstellungsvertrags ist damit regelmäßig noch nichts gesagt.

 

  1. Kündigung des Dienstvertrags

In der GmbH führt die Beendigung der Organstellung nicht automatisch auch zur Beendigung des Anstellungsvertrags (Trennungsprinzip). Deutlich wird das an den Vorschriften über den Widerruf der Bestellung.

Der Geschäftsführer der GmbH kann gem. § 38 Abs. 1 GmbHG zwar grds. jederzeit abberufen werden, jedoch ausdrücklich nur unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen. Daraus folgt, dass sich das weitere Schicksal des Anstellungsvertrags ebenfalls nach den allgemeinen Vorschriften über Dienstverträge richtet. Auch hier muss der Anstellungsvertrag also ordentlich bzw. außerordentlich gekündigt werden.

 

  1. Koppelungsklauseln

Bei der GmbH sind in Anstellungsverträgen häufig Klauseln anzutreffen, die bei Beendigung der Organstellung auch die automatische Beendigung des Anstellungsvertrags vorsehen (sog. Koppelungsklauseln). Regelmäßig soll in diesen Fällen der Widerruf der Bestellung gleichzeitig auch als Kündigung des Anstellungsvertrags gelten.

Durch die – häufig unter erleichterten Voraussetzungen mögliche – Abberufung soll der durch eine Befristung bzw. die vertragliche oder gesetzliche Kündigungsfristenregelung vorgesehene Mindestschutz des Geschäftsleiters nicht umgangen werden können. Koppelungsklauseln bewirken deshalb in der Regel nur die Beendigung des Anstellungsvertrags zum nächstmöglichen Zeitpunkt, im Fall der Befristung also zum Ende des Befristungszeitraums, bei einem unbefristeten Vertrag zum Ablauf der vereinbarten oder der gesetzlichen Kündigungsfrist.

Etwas anderes gilt nur, wenn der Grund für die Abberufung aus dem Amt gleichzeitig auch einen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses darstellt.

 

  1. Befristung

Wurde der Anstellungsvertrag befristet abgeschlossen, endet er ohne Kündigung mit Ablauf der Zeit, für die er eingegangen wurde, § 620 Abs. 1 BGB . Auch der befristete Anstellungsvertrag ist also grds. unabhängig vom Fortbestand des Amtes. Ordentlich kündbar ist er nur, wenn dies ausdrücklich vereinbart wird. Ansonsten ist lediglich eine außerordentliche Kündigung unter den Voraussetzungen des § 626 BGB möglich.

 

  1. Vertragsstatus

Der Anstellungsvertrag des Geschäftsleitungsorgans stellt in der Regel ein freies Dienstverhältnis dar. Bei Organmitgliedern juristischer Personen fehlt es in aller Regel an der ein Arbeitsverhältnis kennzeichnenden persönlichen Abhängigkeit. Deshalb sind Geschäftsführer regelmäßig nicht Arbeitnehmer der Gesellschaft.

 

HINWEIS:

Denkbar ist dies in den Fällen, in denen ein Arbeitnehmer der Gesellschaft zum gesetzlichen Vertreter berufen wurde und anlässlich seiner Bestellung das bisherige Arbeitsverhältnis nicht aufgehoben, also kein neuer Dienstvertrag mit geänderten Vertragsbedingungen abgeschlossen wurde. Wird der ehemalige Geschäftsführer nach der Beendigung des Amtes auf der Basis des Arbeitsvertrags – bspw. in leitender Funktion – weiterbeschäftigt, lebt dieses Arbeitsverhältnis wieder auf.

Gelegentlich kommt es auch vor, dass das Organmitglied nach der Abberufung aus dem Amt auf der Basis seines Anstellungs- und nicht Arbeitsvertrags in leitender Funktion unterhalb der Geschäftsleitungsebene weiterbeschäftigt wird. Geschieht dies in der Weise, dass er dabei den Weisungen der Geschäftsführung unterliegt und wie ein Arbeitnehmer in die betriebliche Organisation eingeordnet ist, kann daraus konkludent die Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses abzuleiten sein.

 

III. Gremienzuständigkeit

Aus § 46 Nr. 5 GmbHG ergibt sich, dass die Gesellschafterversammlung in der GmbH für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer zuständig ist. Daraus wird allgemein auch eine Annexkompetenz für Abschluss, Beendigung und Änderung des Anstellungsvertrags gefolgert. Diese Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung bleibt auch nach Beendigung des Amtes bestehen. Wird der Geschäftsführer allerdings nach der Abberufung als Arbeitnehmer, also weisungsgebunden weiter beschäftigt, soll die Geschäftsführung zuständig sein.

 

  1. Auswirkungen der Beendigung des Amtes auf den Vertragsinhalt
  2. (Wieder-)Bestellungsanspruch?

Wurde die Bestellung widerrufen, so stellt sich die Frage, welche Rechte und Pflichten das abberufene Organmitglied im Hinblick auf seine Tätigkeit hat.

Überwiegend wird ein Wiederbestellungsanspruch für den Fremdgeschäftsführer verneint. Zumindest für die GmbH dürfte ein einklagbarer Anspruch ausgeschlossen sein, weil dieser im Widerspruch zu § 38 GmbHG stünde, wonach der Geschäftsführer jederzeit von den Gesellschaftern abberufen werden kann.

 

Eine Ausnahme kann nur in solchen Fällen gelten, in denen die Satzung und/oder der Anstellungsvertrag dem Geschäftsführer das Geschäftsführeramt als Sonderrecht einräumt, z.B. in der Weise, dass die Abberufung bei ihm nur aus wichtigem Grund zulässig sein soll. In diesem Fall besteht für den abberufenen Geschäftsführer die Möglichkeit, den Beschluss über seine Abberufung mit einer Feststellungs- und Anfechtungsklage anzugreifen.

 

  1. Schadensersatzpflicht der Gesellschaft?

Eine weitere Frage ist, ob sich die Gesellschaft bei fehlerhafter oder zu Unrecht erfolgter Abberufung schadensersatzpflichtig macht und/oder die Abberufung dem Geschäftsführer die Möglichkeit gibt, das Anstellungsverhältnis seinerseits aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen.

Im Normalfall ist die Abberufung kraft gesetzlicher Regelung jederzeit widerruflich und kann daher auch keine Schadensersatzansprüche des Geschäftsführers auslösen. Besteht hingegen ein Sonderrecht, ist die Abberufung nur aus wichtigem Grund zulässig. Liegt ein solcher nicht vor, verletzt die Gesellschaft die Pflichten aus der Satzung oder dem Anstellungsvertrag, was nach den allgemeinen Regelungen zu einer Schadensersatzpflicht führen und den Geschäftsführer auch zum Ausspruch einer Kündigung aus wichtigem Grund berechtigen kann.

 

  1. Vergütung und Beschäftigung

Stellt der Abberufungsgrund nicht gleichzeitig einen wichtigen Grund zur außerordentlichen und fristlosen Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB dar, ist der Anstellungsvertrag bis zum vorgesehenen Vertragsende oder bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen unter Fortzahlung der Vergütung und Weitergewährung aller sonstigen vertraglichen Leistungen. Deshalb stellt sich die Frage, ob das ehemalige Organmitglied auch berechtigt oder gar verpflichtet ist, eine andere als die Organtätigkeit bis zum Vertragsende auszuüben, z.B. in der Funktion eines leitenden Angestellten.

 

  1. a) Beschäftigungspflicht

Nach dem Anstellungsvertrag muss der Geschäftsführer regelmäßig nur die im Anstellungsvertrag vorgesehene Funktion übernehmen. Eine andere Tätigkeit schuldet er nicht. Seine Weigerung, eine solche Tätigkeit zu übernehmen, stellt deshalb keine Pflichtverletzung dar.

Etwas anderes kann allerdings gelten, wenn der Anstellungsvertrag ausdrücklich die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung vorsieht. Dann ist der Geschäftsführer verpflichtet, für die Restlaufzeit des Vertrags eine solche Beschäftigung auszuüben und verletzt im Weigerungsfall seine vertraglichen Pflichten, was auch zur Kündigung aus wichtigem Grund führen kann.

 

HINWEIS:

Selbst wenn eine Beschäftigungspflicht besteht, muss damit seitens der Gesellschaft zurückhaltend umgegangen werden, weil aus der längeren Weiterbeschäftigung auf einer Arbeitnehmerfunktion ein Arbeitsverhältnis werden könnte.

 

  1. b) Beschäftigungsanspruch

Grundsätzlich wird ein Beschäftigungsanspruch des abberufenen Organmitglieds nicht bestehen, wie sich aus den gesetzlichen Wertungen der § 38 GmbHG und § 84 AktG ergibt. Sieht allerdings der Anstellungsvertrag ausdrücklich die Möglichkeit einer anderweitigen angemessenen Beschäftigung vor, kann daraus auch ein Beschäftigungsanspruch hergeleitet werden.

 

  1. c) Annahmeverzug

Auch wenn für das ehemalige Organmitglied nach der Abberufung regelmäßig keine Pflicht zum Tätigwerden besteht, ist fraglich, ob ihm nicht im Rahmen des § 615 Satz 3 BGB entgegengehalten werden kann, er habe eine von der Gesellschaft angebotene, zumutbare Beschäftigungsmöglichkeit ausgeschlagen, so dass seiner Vergütungsforderung ein unterlassener (fiktiver) Zwischenverdienst entgegengehalten werden kann. Das wird einerseits davon abhängen, ob ihm die angebotene Tätigkeit im Hinblick auf seine Aus- und Vorbildung zuzumuten ist. Dies wird regelmäßig wohl nur dann zu bejahen sein, wenn ihm eine Leitungsfunktion direkt unterhalb der Geschäftsführungsebene angeboten wird. Im Rahmen der Zumutbarkeit einer solchen Tätigkeit wird aber andererseits auch zu berücksichtigen sein, aus welchen Gründen die Abberufung erklärt wurde. Unzumutbar dürfte eine Weiterbeschäftigung bei der Gesellschaft auch in leitender Stellung dann sein, wenn die Abberufung mit Pflichtverletzungen oder ähnlichen Vorwürfen begründet wird.

 

Zusammenfassung:

Organstellung und Anstellungsvertrag können, müssen aber nicht dasselbe Schicksal haben. Neben der Beendigung der Organstellung muss auch der Anstellungsvertrag wirksam beendet werden. Wird der Anstellungsvertrag nach Abberufung fortgesetzt, ist der abberufene Geschäftsführer regelmäßig nur bei ausdrücklicher Vereinbarung verpflichtet, andere Tätigkeiten bei der Gesellschaft auszuüben. Nur in seltenen Fällen kann ihm die Weigerung der Übernahme einer solchen Tätigkeit aber als fiktiver Zwischenverdienst entgegengehalten werden.

 

Ich helfe Ihnen bei Fragen zu diesem Thema sehr gerne weiter.

 

Bernd Gasteiger LL.M.

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht