Arbeitsrecht – Arbeitszeit – Vergütung
Generelle Pflicht zur Vergütung von Reisezeiten bei Auslandsentsendung?
BAG Urt. vom 17. Oktober 2018 – 5 AZR 553/17
Erforderliche Reisezeiten zur ausländischen Arbeitsstelle sind in vollem Umfang zu vergüten
Der Arbeitgeber hat Arbeitnehmern Reisezeiten zum ausländischen Arbeitsort in vollem Umfang zu vergüten. Das ergibt sich aus einer Entscheidung des BAG vom 17. Oktober 2018, die bislang nur als Pressmitteilung (Nr. 51/18) vorliegt. Allerdings müssen solche Reisezeiten erforderlich sein. Ein Businessflug von China nach Deutschland mit Zwischenstopp in Dubai erfüllte dieses Kriterium nach Auffassung der höchsten Arbeitsrichter nicht.
Das BAG hat mit Urteil vom 17. Oktober 2018 (5 AZR 553/17) entschieden, dass die für Hin- und Rückreise erforderliche Zeit im Rahmen einer Auslandsentsendung wie Arbeitszeit zu vergüten sei.
Arbeitnehmer verlangt Vergütung für Reisezeit
Geklagt hatte ein Mitarbeiter eines Bauunternehmens, der regelmäßig auch auf wechselnden Baustellen im Ausland arbeitet. Für eine vorübergehende Tätigkeit auf einer Baustelle in China hatte die beklagte Arbeitgeberin auf Wunsch des Klägers einen Flug in der Business-Class mit Zwischenstopp in Dubai gebucht, obwohl auch ein Direktflug in der Economy-Class verfügbar war.
Für die Hin- und Rückreise fielen insgesamt vier Tage Reisezeit an, die dem Kläger nach der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung für jeweils acht Stunden vergütet wurden. Über den gezahlten Betrag hinaus verlangte der Kläger Vergütung für weitere 37 Stunden, da die gesamte Reisezeit (von der Wohnung bis zur Baustelle und zurück) wie Arbeitszeit zu vergüten sei.
Fazit:
Auch wenn für die Entscheidung des konkreten Falls maßgeblich auf die tariflichen Regelungen des TV-Bau abzustellen ist, dürfte dem Urteil allgemeine Bedeutung zukommen. Denn die Richter bestätigen im Grundsatz, dass die Vergütungserwartung eines entsandten Arbeitnehmers in Bezug auf Reisezeiten, die er über die geschuldete Arbeitszeit hinaus aufwendet, berechtigt ist. Die Richter stellen allerdings zugleich klar, dass der konkrete Reiseumfang plausibel gemacht werden muss.
Von diesen Grundsätzen kann allerdings abgewichen werden. Nach wie vor dürfte es zulässig sein, anderweitige Vereinbarungen mit dem Arbeitnehmer zu treffen. Derartige Absprachen unterliegen allerdings der strengen Wirksamkeitskontrolle nach den §§ 305 ff BGB. Sie müssen deshalb insbesondere transparent sein und dürfen den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen. Insbesondere eine Absprache, nach der Reisezeiten stets nur im Umfang der regulären täglichen Arbeitszeit zu vergüten sind, dürfte aber immer noch möglich sein. Der Praxis ist jedenfalls dringend zu empfehlen, sich mit dieser Thematik zu befassen. Entscheiden sich Arbeitgeber für ein eigenes Vergütungsmodell, muss sichergestellt sein, dass es im Streitfall einer Wirksamkeitskontrolle standhält.
Ohne eigene Vergütungsregelungen werden sich Arbeitgeber dagegen die neue Entscheidung des BAG mit der Folge einer umfassenden Vergütungspflicht für erforderliche Reisen entgegenhalten lassen müssen.